Heinrich Mauersberger:

Erfinder der MALIMO-Technik

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Heinrich Mauersberger ist der Erfinder und Konstrukteur von Maschinen zur Herstellung textiler Stoffe, die unter dem Namen MALIMO bekannt sind. Die Abkürzung steht für MAuersberger LIMbach-Oberfrohna, den Anfangsbuchstaben seines Namens und seiner Heimatstadt.
Welcher ehemalige DDR-Bürger kennt nicht die MALIMO-Handtücher, Decken, Windeln, Bettlaken, Gardinen, Wischtücher, Verpackungen, Teppiche, Synthetik-Pelze u.v.a. …

Am 11.02.1909 in Neukirchen bei Crimmitschau geboren, interessierte sich Heinrich Mauersberger schon als Kind für drehende und sich bewegende Maschinen, von klein auf ein Tüftler und Bastler. Er erlernte den Beruf eines Färbereitechnikers und bereits in seiner ersten Anstellung als Chemiker und Colorist einer Handschuhfabrik machte er seine ersten patentierten Erfindungen.


Foto: www.cetex.de

1933 heiratete er seine erste Frau Elsbeth, mit der er bis zu ihrem Tode 1972 in Bestensee glücklich lebte.
Irgendwann im Jahre 1947 schaute er seiner Frau einmal beim Ausbessern der Wäsche an der Nähmaschine über die Schulter und kam dabei auf die Idee, Textilien nicht wie bisher mit der Webtechnik, sondern der Nähtechnik herzustellen. Der große Vorteil: das Rohmaterial (Wolle oder Vlies) musste nicht erst zu Garn gesponnen, sondern gleich im ersten Arbeitsgang zum fertigen Stoff durch Übernähen erzeugt werden. Seine erfundene Nähwirktechnologie produzierte 20mal schneller als die herkömmliche Textilherstellung durch Weben oder Stricken.

Damit, so dachte Heinrich Mauersberger, sei mit der Umsetzung seiner neuen Technologie ein wenig die größte Not der Menschen in der Nachkriegszeit gelindert und der Fortschritt für einen Wiederaufbau gegeben. Doch sein Konzept passte offensichtlich nicht in das der sowjetischen Besatzungsbehörde, denn er fand kaum Zustimmung für seine Idee.

Also ging er alleine ans Werk. Aus alten Brettern und Abfall-Metallteilen baute er unter primitiven Bedingungen in seiner Garage das Urmodell der Nähwirktechnik. Die dazu notwendigen Schweißarbeiten erledigte er in seiner Wohnküche.
Das wichtigste Teil seiner Erfindung war eine neuartig geformte Nadel, für deren Herstellung er spezielles Werkzeug aus einer Metallfabrik benötigte. Er richtete sogar sein Nachtlager gleich neben der Werkbank ein, um Tag und Nacht an seiner Entdeckung weiterarbeiten zu können.
Das Urmodell der MALIMO-Technologie übergab Mauersberger 1975 dem Deutschen Museum für Geschichte in Berlin, nach der Wende stand es im Technischen Museum München und heute ist es im Museum Bonn zu bewundern.
Am 3.2.1949 meldete Mauersberger sein 1. MALIMO-Patent „WP 8194“ bei der Wirtschaftskommission in Berlin an; 67 weitere anerkannte Patente sollten noch folgen.
Beim späteren „VVB Textima“-Zweig baute er als Entwicklungsingenieur das Institut für Nähwirkmaschinen auf, das er auch bis zum Ende seiner Berufstätigkeit leitete. Die Serienfertigung der ersten drei MALIMO-Maschinentypen erfolgte von 1956 bis 1961 in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz).

Heinrich Mauersberger hatte in seinem gesamten Berufsleben mit vielen Widerständen und Schwierigkeiten zu kämpfen. Vielfach taten sich Fachprofessoren schwer damit, dass ein einfacher, kaum studierter Mensch auf ihrem Fachgebiet mehr Ahnung haben könnte als sie und sogar auch noch eine totale Erneuerung in die Textilindustrie einführen wollte. Ihre Gutachten im Ministerrat und anderen Führungsgremien erschwerten den Durchbruch von MALIMO erheblich und nur dem Mut und Fleiss, der Beharrlichkeit und Stärke Mauersbergers ist es zu verdanken, dass die Entwicklung der Nähwirktechnologie nicht einfach wieder im Sande verlief. Bei den Ministerien wurde er sogar mehrfach hinausgeworfen - und kam doch immer wieder durch die Hintertür hinein.

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Vom Urmodell (1949) bis zum Serien-
modell der Nähwirktechnik (1999)

Auf der Leipziger Messe gelang es ihm schließlich, eine Lizenz an einen Amerikaner zu verkaufen. Nach dem Krieg war dies die erste Lizenz in ein kapitalistisches Ausland, was natürlich größte Aufmerksamkeit bis in die höchste Regierungsspitze weckte. Im „Neuen Deutschland“ stand daraufhin geschrieben: „Die DDR ist auf dem Weg zum Sieg!“.
Walter Ulbricht ließ sich vor Ort die MALIMO-Maschine vorführen und war begeistert von deren Effektivität. Fortan glaubte Ulbricht an den Erfinder und wies auf einer der nächsten Sitzungen des Ministerrates die Professoren in die Schranken: „Nun lasst endlich mal das professionelle Geschwätz, was doch keiner versteht, und lasst mal den Mauersberger zu Wort kommen“.
Seitdem ging es aufwärts und in den 60er Jahren begann endlich der Siegeszug von MALIMO durch die Welt. Der DDR-Slogan „Der Meister sprach von MALIMO, denn MALIMO hat Weltniveau!“ machte die Runde. MALIMO-Maschinen und Lizenzen wurden in fast 80 Länder verkauft. Auch für den Erfinder folgten im In- und Ausland Auszeichnungen wie der „Nationalpreis für Wissenschaft und Technik“, von Ulbricht persönlich überreicht (1954), als auch der „Held der Arbeit“ (1963) und andere vielseitige Ehrungen. In Limbach-Oberfrohna wurde er 1963 Ehrenbürger der Stadt und eine Straße ist nach ihm benannt.

Mauersberger entwickelte seine Technologie derweil ständig weiter. Neben MALIMO entstanden MALIWATT, MALIPOL, MALIKUSTIK, MALIVLIES, MALIFOL, MALIMO-SCHUSSPOL und MALIMO-VOLTEX, jeder Begriff stand für einen neuen Industriezweig.
Im November 1979 bekam Herr Mauersberger die Ehrenmitgliedschaft des Textilinstituts Manchester (England) verliehen.
Nach der Wiedervereinigung wurde der VEB MALIMO-Textil-Maschinenbau vom hessischen Textilunternehmer Karl Mayer übernommen und war einer der ersten ostdeutschen Betriebe, die nach der Wende „schwarze Zahlen“ schrieben.

Die heutige „Karl Mayer MALIMO-Textilmaschinenbau GmbH“ ist in der Mauersbergerstr. 2 (nach dem Erfinder benannt) ansässig und stellt hauptsächlich MALIMO-Zubehöre für die Auto- und Flugzeugindustrie, für die Raumfahrt, für die Akustik- und Beschallungs- sowie für die Windräderproduktion her. Abnehmer und Interessenten dieser Ware gibt es immer noch genügend weltweit bis Asien und Südamerika und laut neuester Fachliteratur ist die Entwicklung von MALIMO-Technologien noch längst nicht ausgeschöpft.

Wie kam Heinrich Mauersberger nach Bestensee?
Bis Mitte der 60er Jahre lebte er in Limbach-Oberfrohna und wurde zunehmend agitiert, Mitglied der SED-Partei zu werden. Er lehnte eine Partei-Mitgliedschaft jedoch entschieden ab.
Als Folge kündigte die „Kammer der Technik“ seine Mitgliedschaft und verhängte ihm Redeverbot bei nationalen und internationalen Fachkonferenzen. Mauersberger protestierte energisch dagegen und wurde daraufhin von seinem Posten als Malimo-Institutsleiter beurlaubt und in eine Psychiatrie nach Waldheim gebracht. Man bot ihm großzügig die Mitarbeit am „Präsent 20“ an, einer Stoff-Entwicklung zum 20. Jahrestag der DDR.

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Heinrich Mauersberger 1974
am Gartentor
seines Bestenseer Grundstücks

Mauersberger lehnte dankend ab, zog sich aus dem Arbeitsleben zurück und siedelte 1967 mit 58 Jahren nach Bestensee um. 2 Jahre lebte er von seinen persönlichen Rücklagen ohne jegliches Einkommen. Die noch offenen USA-Lizenzeinnahmen blieben aus, stattdessen erhielt er eine bescheidene Lizenz-Anerkennungs-Prämie als Vergütung. Trotz späterer Recherchen von Rechtsanwälten wurde nie bekannt, wieviel die DDR an seiner USA-Lizenz wirklich verdient hat - stets blieben die Akten „streng geheim“.
Inzwischen erfuhren westdeutsche Textil-Berufskollegen vom Schicksal Mauersbergers und starteten in ihrer internationalen Fachzeitschrift einen Solidaritätsaufruf: „DDR-Erfinder-Malimo nagt am Hungertuch“. Das war für die DDR-Behörde Anlass genug, Mauersberger schließlich eine Ehrenpension des Ministerrates zu gewähren.

Mit seiner 2. Frau Lisa, die einen Teil seines Nachlasses heute verwaltet und diesen auch gerne in Bestensee ausstellen würde, verbrachte Mauersberger noch einige glückliche Jahre.
Er arbeitete ehrenamtlich für den Warenzeichenverband Malimo in Hohenstein-Ernstthal und repräsentierte im In- und Ausland für Malimo.
In Bestensee gehörte er dem Anglerverband an, den Briefmarkenfreunden und dem Kulturbund in Königs Wusterhausen.
Am 16.2.1982 verstarb Heinrich Mauersberger in Bestensee und wurde auf dem Nordfriedhof beigesetzt.
Er bleibt als stets bescheidener und hilfsbereiter Mann mit Witz und Humor in Erinnerung, der lebenslustig und freundlich zu Jedermann war und durch seinen beharrlichen Einsatz für den technischen Fortschritt weltweite Anerkennung gefunden hat.

  
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